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Dirk Rogl, fvw

Dirk Rogl (41) ist stellvertretender Chefredakteur des touristischen Fachmagazins fvw. Rogl arbeitet seit seinem 18. Lebensjahr für Wochen- und Tageszeitungen, hat bei der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung volontiert und begleitet seit 1999 bei der fvw den steten Wandel vom reinen Print-Magazin zur multimedialen Fachpublikation mit Online-News, E-Paper, Blogs, Live-Events, Social-Media-Kanälen und neuerdings sogar einem Video-Kanal auf YouTube. Sein Blogpost im E-Blog über die Gründung des Reiseblogger Kollektiv wurde heiß diskutiert.

1. Welche Unterschiede gibt es aus Deiner Sicht zwischen Printjournalisten und Bloggern?

Keine. Ich mag schon diese Einteilung nicht.

2. In Deinem Blogartikel über die Gründung des Kollektivs schreibst Du: „Keine Frage, Reiseblogs haben die touristische Berichterstattung nachhaltig belebt“. Und doch klingt Dein Text stark nach einem „Aber“…

Ehrlich? Das spricht dafür, dass sich auch auch Print-Journalisten nicht immer geschliffen ausdrücken. Wenn wir unbedingt ein „Aber“ brauchen, dann bedienen wir uns Antwort eins. „…aber es gibt keine gravierenden Unterschiede zwischen Printjournalisten und Bloggern mehr“. Ich glaube nicht einmal, dass es heute noch Reisejournalisten gibt, die ausschließlich auf gedrucktem Papier publizieren. Und es gibt vermutlich auch keine Blogger, die ihr Einkommen nicht auch über traditionelle Verlagshäuser absichern. Und eine Feedback-Funktion gab es im Print-Bereich auch schon seit jeher. Sei es das gute alte Telefon oder der Leserbrief. Jede Zeitung ist so gut wie ihre Leser. Jeder Media-Profi lebt von der Resonanz auf seine Publikationen. Klingt ziemlich banal, hat aber fast schon eine philosophische Tiefe, wenn man das mal durchdenkt.

3. Warum hältst Du im Bezug auf Reiseblogs etwas für enthüllungswürdig, das im Print seit jeher üblich ist – nämlich, dass potenziellen Kunden Anzeigenschaltung, Advertorials o.Ä. angeboten werden?

Weil der Anspruch vieler Reiseblogger bislang ein anderer war, was ja auch die lebhafte Diskussion zu diesem Thema bei uns im Blog zeigt. Es gibt unter den Bloggern hohe moralische Ansprüche an die eigene Zunft. Aber seien wir ehrlich, am Ende des Tages müssen wir alle unsere Brötchen und unser Dach über dem Kopf verdienen, optimalerweise sogar eine auskömmliche Altersversorgung. Das ist doch völlig legitim.

4. Du kritisierst, dass Reiseblogger nur selten unabhängig sind. Welches Finanzierungsmodell würdest Du für Blogs sehen?

Einspruch: Ich finde die wachsende Abhängigkeit sogar ziemlich normal. Ich stelle es nur fest. Wer richtig viel Geld verdienen will, sollte vermutlich weder Journalist noch Blogger werden. Wir von der fvw sind ja eines der ganz wenigen Medien in Deutschland, die es im Internet konsequent mit „paid content“ für unsere Nachrichten versuchen. Ich räume ein, das ist ein mühsames Geschäft und erhöht nicht gerade die Sympathie bei denen, die an der Bezahlschranke abgewiesen werden. Langfristig müssen gute Inhalte aber gutes Geld kosten. Und bis dahin ist Kreativität gefragt: Bannerwerbung, Affiliate-Geschäfte, von mir aus auch Advertorials. Das muss halt jeder mit sich vereinbaren, wie stark er sein Medium für fremde Meinungen vereinnahmen lässt. Bei uns in der fvw gibt es keine Advertorials ohne die Markierung „Anzeige“. So etwas muss klar ersichtlich sein. Und wir schreiben auch unseren Anzeigenkunden nicht nach dem Mund. Die Redaktion arbeitet unabhängig vom Anzeigenverkauf.

5. In den deutlichen Kommentaren einiger Journalisten unter Deinem Artikel kommen die Reiseblogger zum Teil nicht gut weg. Fühlen sich klassische Schreiber von Bloggern bedroht – oder woher kommt Deiner Einschätzung nach der Groll?

Gute Frage. Wir von der fvw sind ja keine klassischen Reisejournalisten. Ich glaube aber schon, dass es hier einen gewissen Futterneid gibt. Es ist ja nicht so, dass das Gros der Reisejournalisten fürstlich verdient. Und nun wächst eine neue Generation von Kollegen heran, die vielleicht sogar stärker als die alten Platzhirschen wahrgenommen wird. Das ist gewiss nicht immer einfach.
Auch ich war schon ein paar mal richtig sauer, als Blogger von großen Touristik-Unternehmen vertrauliche Informationen schneller zugesteckt bekommen haben als die Fachpresse, weil in der Bloggosphäre die strengen PR-Guidelines mit Veröffentlichungsfristen und Zitat-Abstimmungen zum Teil noch nicht gegriffen haben. Aber dieser Frust war nur eine Momentaufnahme. Inzwischen werden die Blogger von den PR-Profis ja zumeist bestens wahrgenommen und professionell betreut, mit allen Vor- und Nachteilen.

6. Wie sieht die Zukunft von Print aus?

Losgelöst betrachtet eher düster. Aber das ist gar nicht das Thema. Ganz ehrlich: Mir ist es schon heute völlig egal, ob die Leser meine Texte im Print-Magazin oder als E-Paper lesen, auf fvw.de, im Web 2.0 oder in unseren Blogs. Wir als Publisher müssen da sein, wo der Leser uns erwartet. Und das ist zugegebenermaßen angesichts der Vielzahl der Kanäle mitunter ganz schön anstrengend.

7. Und welche Zukunft siehst Du, der selbst auch bloggt, für deutschsprachige Blogs?

Blogs sind ein tolles Medium, um sich als Publisher einen Namen zu machen. Und das werden sie auch bleiben. Aber jetzt frage ich euch: Wollt ihr das euer Leben lang so machen? Verdient ihr damit gutes Geld? Oder lebt ihr nicht auch eher von euren Publikationen in klassischen Medien? Für gute Themen, Nachrichten und Inhalte wird es immer dankbare Abnehmer geben, egal über welches Medium. Für Einheitsbrei nicht. Und das ist eigentlich auch ganz gut so, oder?

Vielen Dank für das Interview!